‚Wie kommt man denn zu solch einem Wein, wenn man ihn nicht aus dem Einzelhandel hat ?‘ wäre meine erste Frage, wenn mir jemand diesen Weißwein unter die Nase halten würde. Und tatsächlich: Zu diesem Wein kam ich nicht selbst, hatte ihn aber natürlich dankend angenommen und erstmal in meinen ‚Weinkeller‘ gelegt. Der Wein kam tatsächlich vom sogenannten ‚Fachhändler‘. (Die Suche kann auch direkt eingestellt werden, denn ich habe festgestellt, dass sogar wirklich namenhafte Händler diesen Wein im Sortiment haben.) Wobei mir diese Bezeichnung für diesen Händler ein wenig zu hoch gegriffen vorkommt, da leider nur magere 18 ökologisch erzeugte Weine im Sortiment vorhanden sind. Es stimmt einen traurig, zu sehen, dass sich jeder zweite Wein im ‚Angebot‘ befindet. Und dann gibt/gab es da auch noch piemontesischen Rotwein, der im Kurzportrait ziemlich schwach beschrieben war und dann auch noch mit 91 Luca Maroni Punkten hervorgehoben wird. Das liegt vielleicht daran, dass er doch besser schmeckt als gedacht oder hier Preis und Qualität gänzlich getrennte Wege gehen. Ich glaube tatsächlich eher an ersteres, da Luca Maroni gefühlt vielmehr fruchtige und weiche Primitivo-artige Weine bevorzugt. Sein Bewertungs-‚Geschmack‘ ist eher einer, welcher Laien und Hausfrauen und Männern unkomplizierte und wenig anspruchsvolle Weine arg schmackhaft machen soll. Er bewertet gerne mal gut 10 Punkte besser als andere Verkoster, was eher für den Geldbeutel bzw. die ‚Portokasse‘ des Auftraggebers, als für die Bewertung selbst steht.
Einen feinen Kommentar bzw. Artikel zu dieser Praxis hat der vielseits geschätzte Jens Priewe 2016 geschrieben.
Also es geht um einen spanischen Weißwein aus dem noch recht aktuellen Jahrgang 2018. (Oh Schreck, es ist sogar schon 2019 verfügbar.) ‚ Lagar de Indra ‚ heißt er und kommt aus dem Gebiet Rías Baixas. Den Wein hergestellt hat die Bodegas Larchago der Familie Chávarri, welche bereits seit 1882 Weinbau betreibt. Beheimatet ist das Weingut in Vitoria-Gasteiz westlich von Logroño im Gebiet Rioja Alavesa. Das ist irgendwie ziemlich weit weg von den Reben ganz im Westen der iberischen Halbinsel. Aber das muss ich zum Glück ja nicht verstehen. Mir – dem Kunden soll es lediglich schmecken ! Als ich folgendes las, musste ich ein wenig schmunzeln. Bei Wikipedia.de steht geschrieben:
“ Unter zehn Euro pro Flasche kann man in Deutschland keinen guten Rias-Baixas-Wein erhalten. […] (Stand 2007). „
Daraus kann ich nur lernen glaube ich !
Also: Der 2018er Lagar de Indra – Albariño kommt aus der eher windigen und kühlen Weinregion Rias Baixas DO, aus dem Val do Salnés / Pontevedra. Diese ist die westlichste und dem Atlantik nahste Weinbauregion in Spanien.
Er wurde aus der recht hochwertigen weißen Rebsorte, wohl dem ‚Riesling Spaniens‚, Albariño hergestellt. Ich glaube er wird deshalb so genannt, weil er durch seine sortentypischen Eigenschaften in der Region sehr gut wächst und gedeit und ähnlich dem Riesling im Rheingau eine super-omnipräsente Stellung in der Region hat. Hier werden die Stöcke in Pergola-Erziehung angebaut und geerntet wird erst Ende September – zumindest 2018. Mit der Pergola-Reberziehung soll ein schnelleres Abtrocken nach Regenschauern erreicht und ein anfängliches zu frühes Austreiben der Reben verhindert werden.
Aus diesem Albariño sollen mitunter sehr gute, frische, kühle, zitrusfruchtige und leicht salzige Weine entstehen können. Von manch einem Weinfreund werden diese Weine wohl als die besten Weißen Spaniensangesehen. Ich werde mich wohl überzeugen lassen müssen; eventuell bzw. recht wahrscheinlich aber jedoch von einem anderen als diesem.
Der Wein wird offensiv mit verlockenden Worten beschrieben. Logisch, alles andere wäre nicht besonders klug. Aber >> frischer Duft von Pfirsichen, Äpfeln und reifen tropischen Früchten mit einem Hauch von Salz umspielt die Nase und macht so Lust auf den ersten Schluck. Der beeindruckt mit Eindrücken von roten Grapefruits und reifen Melonen. << klingt dann doch etwas zu wohlwollend formuliert. Die sandigen Böden sollen laut Händler die Ursache für die Säure sein, welche hier wohl gerne mal etwas knackig ausfallen kann. Mit 13,5% Alc. ist der 2018er auf jeden Fall überdurchschnittlich gehaltvoll und mit 5,8g Säure / Liter scheinbar etwas reifer als andere Jahrgänge. Das sind in anderen Jahrgängen gerne einmal 1,5g Säure mehr gewesen. Ich glaube an diesen beiden Werten hat sich auch ein wenig mein Verständnis für diesen Wein aufgehangen. Eine kognitive Dissonanz war unvermeidbar.
Zum Wein: Ich erwartete einen frischen jungen Weißwein mit einer gewissen Spritzigkeit. Direkt nach dem Eingießen kam mir der Wein jedoch ein wenig vor, wie eine Mischung aus einem Soave ohne die speckigen Aromen, etwas weniger rauchig und einem schwachen Riesling mit der kühle eines Silvaners mit 10,5% Alc. und dementsprechend erhöhter Säure. Irgendwie war es kein klares Bild, welches sich bot. Es war minimal frisch und kühl, aber auch geprägt von dezent überreifen Fruchtaromen. Ich wusste nicht so recht, was ich damit anfangen sollte. Das war scheinbar kein optimaler Rías Baixas-Einstieg.
Geschmacklich fand ich ihn ähnlich. Es war bei weitem nicht jene angepriesene Fruchtigkeit. Ich schmeckte wesentlich weniger Zitrusaromen und viel mehr dezente Aromen von reifen Äpfeln und Birnen.
Es war aber weder in der Nase noch am Gaumen eine Offenbarung. Ich hatte mehr erwartet, als geleistet wurde.
Ich machte mir zum Wein unter anderem ein wenig italo-angehaute Pasta mit Taggiasca-Oliven und Tomaten dazu.
Fazit: Ich werde mir wohl einmal eine ordentliche Flasche Albariño zulegen müssen, möchte ich die Art und Weise der Rías Baixas-Weine kennenlernen. Und den Jahrgang 2018 werde ich ebenso meiden. Der war in dieser Region eindeutig zu warm. Es kann also eigentlich nur besser werden, denke ich mir !