Um es kurz vor weg zu sagen: Das Weingut Ceretto in San Cassiano knapp südlich von Alba kenne ich nun circa seit Sommer 2010, als ich das erste Mal im Tessin in Ascona am Lago Maggiore gearbeitet hatte und hin und wieder Genuss- und Abenteuer-Trips gen Italien unternommen hatte.
Unter anderem hatte ich auch einen Besuch der Vinothek für meinen Food Management Studiengang 2013 organisiert.
Soll heißen, dass ich die Weine und die Stilistik des Hauses inzwischen irgendwie kenne, aber auch bisher stets wieder positiv überrascht wurde, nicht zuletzt von der Bio-Umstellung als eine der letzten größten Neuerung aus dem Jahr 2015/16.
Ceretto bewirtschaftet circa 160 Hektar Weinberge, was auch im Piemont gewiss nicht zu verachten ist. Damit gehören sie zu den Playern in der Region.
Diesen Barbera d’Alba ‚Piana‘ aus dem Jahr 2021 habe ich auf der Slow Wine Fair 2023 in Bologna in der Emilia-Romagna bekommen. Der Piana kommt aus einer 3 Hektar großen Barbera-Anlage, die natürlich bei bester physiologischer Reife von Hand gelesen wurde. Die Barbera-Traube ist eine der piemontesischen Reben welche wohl zu den Ur-Einwohnern der Region zu zählen ist, auch wenn die Urkunden nicht gänzlich zweifelsfrei belegen, dass es sich tatsächlich um die heutige Barbera-Traube handelt, die seit gut 800 Jahren das Piemont seine Heimat nennt.
Ganz nebenbei erwähnt ist der Moscato Santo Stefano wirklich ein ausgesprochen toller und leckerer Moscato. : )
In meinen Augen versteht das Weingut Ceretto es Region, Tradition und die recht homogenen sandigen Böden in recht individuelle Weine zu verpacken. Bei der Größe die das Weingut hat, ist es letztendlich auch logisch, dass man gerade in den Hügeln der Langhe verschiedenste Expositionen Süd/Ost/West und selbstverständlich teilweise sogar gen Norden hat, was letztendlich und auch natürlich zu verschiedenen Reifestadien führt, da in jedem Tal stets ein kleines Mikroklima herrscht.
Mit 14,5% Umdrehungen ist dieser Barbera gewiss kein Leichtgewicht, wenngleich er im Mund und Glas umwirbelt weit weniger wuchtig wirkt, als er es wohl tun könnte. Aber zu wuchtige Weine sind nicht der Stil des Hauses. Hier ist man froh über filigrane feine Weine, die auch den internationalen Vergleich nicht scheuen sollen müssen bzw. dürfen.
Man könnte meinen es gäbe in der Stilistik der Weine aus dem mittleren Bereich der Kollektion eine Tendenz zum ‚Everybody’s darling‘-Typ. Kein zu kleines und neues Holz – soll heißen vollreif aber nur Stahl – keine zu lange Maischestandzeit, kein zu langer Ausbau. Es soll zwar kraftvoll und elegant, aber auch nicht zu alt und auch dennoch fruchtbetont erscheinen. Dafür muss man freilich auch die richtigen Momente in der Vinifikation abpassen, um ihn wie beim Curling als vorletzten Stein kurz vor der Mitte des ‚Hauses‘ zu platzieren.
Dieser Barbera d’Alba war mal wieder eine ordentliche Hausnummer ! Die Aromen gehen von jugendlichen rot-fruchtigen Noten, erinnernd an dunkelrote Beeren, denen es aber noch icht an zu viel Säure fehlt, bis hin zu einem Touch Süßholz. Eine schöne Säure und nicht zu kräftige Tannine geben ihm einen ‚flotten‘ aber erwachsenen Charakter.
Nicht unverwechselbar, aber dennoch wunderbar und mit großem Trinkfluss !