Wer mich kennt, weiß, dass ich nur schwer ‚Nein !‘ sagen kann. Das gilt auf jeden Fall auch bei Süßkram, der es wert ist oder wert zu sein scheint probiert zu werden ! Im Hofgut Hagenbach nahe Backnang hatte ich im Herbst eine Schokolade gesehen (die es nebenbei bemerkt natürlich auch in anderen Bio-Läden gibt), welche ich nicht liegen lassen konnte. Beni Wild Harvest 66% von Original Beans !
EDIT gleich zu Anfangs: Als ich dachte, dass ich doch mit diesem Beitrag hoffentlich irgendwann fertig würde, wurde es tatsächlich erst so richtig spannend ! Ich bin froh, mich an dieses Thema gesetzt zu haben !
Hinweis: Ja, Google Maps wäre auch integrierbar gewesen, verhält sich aber leider nur teilweise kooperativ. Daher Bilder.
Von Original Beans hat man hier und da schon einmal etwas gesehen und gehört, wenn man denn nicht nur zum Discounter um die Ecke einkaufen geht, aber sich wahrscheinlich noch nicht so arg um die Details geschert. Ich glaub das ist normal. Doch jetzt wollte ich einmal heraus- oder feststellen, ob diese Schokolade/n nun tatsächlich ‚besser‘ sind, oder es mehr oder weniger schade um das ‚viele Geld‘ ist. 5,50€ +/-0,5€ kostet die Beni Wild Harvest mit 66% Kakaoanteil normalerweise.
Nicht wenig ! Wenn man aber betrachtet, dass man mit den sonst so billigen Produkten aller Couleur die Umwelt eher zerstört (wenn auch nur passiv, da man es ja nicht selbst persönlich tut), als dass man sie pflegt, schützt und erhält und gegebenenfalls sogar positiv unterstützt, dann merkt man eigentlich erst einmal, dass der Preis für ein Produkt, welches die Umwelt nicht nachteilig beeinflusst definitiv höher sein muss, als das was wir an der Kasse meist zahlen !
Von daher ist der Preis für diese Schokolade glaube ich schon irgendwie gerechtfertigt. Ich bin keiner, der jemandem einen Preis schlecht redet, nur weil ein gewisser Mehrwert inkludiert ist. Wie in den Bilder (oben und unten) zu sehen ist, ist das Credo: ‚ Koste die seltensten Orte der Welt und erhalte sie ‚ !
Das man einen Ort nicht kosten kann verstehen wir jetzt natürlich alle genau so, wie es gemeint sein soll – im Sinne der Schokolade ! Eine Maxime die man bei UTZ, Milka, Nestlé etc. eher vergebens sucht. Für deren Verhältnisse kommt da eigentlich nur eine gewisse omnipräsente ‚Vermüllung‘ aller geographischen Berührungspunkte mit daher – meine ich !
Beni ? Amazonas Bolivien ? Bitte wer und wo ?
Also: Beni ist ein Departemento im zentralen Norden Boliviens, von etwa 20% der Größe des südamerikanischen Vielvölker-Staates. Dort lebten rechnerisch 1950 – 1 Person auf 3km², in den 80ern bereits 1 Person auf 1km² und 2012 sogar schon 2 Personen auf einem Quadratkilometer ! Kleiner Vergleich: bei uns in Deutschland sind es 233 Personen je km² ! Von diesen Menschen in der Region Beni leben allein circa zwei Drittel in den 8 größten Städten. Man kann sich vorstellen wie weit und menschenleer das Land dort sein muss.
Was diesseits in Bolivien scheinbar noch erhalten wird, ist beispielsweise auf der anderen Seite der Grenzflüsse Rio Guaporé und Rio Abuná schon größtenteils verloren. Brazilien verfolgt da eine andere Besiedelungspolitik als Bolivien. Umso besser, wenn es auch noch Produkte gibt, mit denen man sich für den Erhalt der Strukturen und der Natur in diesem Gebiet einsetzen kann bzw. diese unterstützen kann, ohne die Abholzung der Regenwälder zu fördern.
Seit der Dokumentation bzw. im Film Schmutzige Schokolade II, in welcher/welchem 2012 bestätigt wurde, dass es immer noch nicht fair und nachhaltig auf den Kakao-Plantagen zuging, hat sich scheinbar nicht viel verändert. Im Artikel Sind Kakao-Zertifikate nur Augenwischerei? vom Dezember 2018 wir auch wieder darauf hingewiesen, dass auf den Farmen viel mehr Kinder arbeiten, als wir die Verbraucher das denken würden und die Zertifikate es erlauben, ökologische Aspekte ausgeklammert.
Doch halten diese Zertifikate, was sie versprechen? „Wenn nachhaltig bedeuten soll, dass die Existenz gesichert ist, findet man unter den derzeitigen Zertifizierungen nur wenig wirklich nachhaltigen Kakao“, sagt Friedel Hütz-Adams vom Südwind-Institut in Bonn. „Der weitaus größte Teil des weltweit gehandelten Kakaos stammt dann aus nicht nachhaltigen Quellen.“ Hinzu kommen andere Probleme: Allein auf den Plantagen in den westafrikanischen Ländern Ghana und Elfenbeinküste arbeiten laut Südwind-Institut immer noch 2,1 Millionen Kinder. Und wenn nicht einmal genug zum Leben übrig bleibt, rücken ökologische Aspekte in weite Ferne.
Sind Kakao-Zertifikate nur Augenwischerei? wuv.de
Daher kann es eigentlich nicht schaden, immer skeptisch zu sein, ob eine Tafel Schokolade für weniger als 1€ so gut sein kann, wie es die jeweilige Verpackung verspricht. Ich bin bei solche Produkten der untersten Preiskategorie nicht nur skeptisch, sondern überzeugt, dass ich damit niemandem etwas Gutes tue. Bei Schokoladen von Original Beans ist das anders. Diese Tafel hier ist bspw. zu 100% bio !
Btw: Was für alle anderen Schokoladen-Hersteller eigentlich bezeichnend sein sollte, ist die Tatsache, dass diese Tafel Beni Wild Harvest mit lediglich 3 Zutaten hergestellt wurde:
Kakaomasse, Rohrzucker und Kakaobutter. ‚ Das ist alles! ‚
Eigentlich braucht es mehr auch nicht, sei denn es soll eine ‚Vollmilch-Schokolade‘ oder sonstiges werden.
Auf der Innenseite des Deckels steht es schon, wenn auch nur zwischen den Zeilen: Hier werden Tiere geschützt, allein durch die Projekte, welche durch den Kauf diese Schokolade am Laufen gehalten werden. So soll zum Beispiel der Lebensraum der letzten 400 wildlebenden Blauhals-Aras geschützt werden und bleiben. Im Grunde ist das soweit nichts wert, da hier natürlich die Belege schwer nachzuvollziehen sind, wenn man sie denn irgendwo findet. Es ist aber finde ich davon auszugehen, dass wenn man sich in dem Gebiet diese Tiere für den Erhalt der Bäume und Natur einsetzt, man auch solche gefährdete Arten unterstützt, mehr zumindest als mit Palmöl-Plantagen – soviel ist gewiss. Laut Original Beans werden auch folgende Tiere geschützt: zum einen der Blauhals-Papagei oder auch Gelbbrustara und zum anderen der Amazonas-Flussdelfin bzw. rosa Flussdelfin, Inia oder Boto, der Großer Ameisenbär, Schwarzer Kaimane, Jaguare, Ozelots und Totenkopfäffchen, aber eigentlich noch einige mehr. Wenn man diese Tiere schützt, schützt man parallel auch diverse andere Arten.
Ein Beleg dieser Bemühungen wäre halt noch von Vorteil.
Ich dachte mir nun aber: Wo kommt denn der Kakao jetzt genau her und was ist denn da bitte so besonderes dran?!
Ganz ehrlich: Ich könnte es auch nicht kürzer beschreiben, als es auf der Webseite des Herstellers steht, also hab ich das mal hier so direkt eingefügt, wo das ganze so ‚richtig‘ herkommt.
Das Beni-Archipel mit seinen mehr als 38 Waldinseln bestehend aus Savanne, Wald und Wasserläufen wird auch „Chocolatales“, also Schokoladeninseln, genannt. Die Region im Südwesten des Amazonasbeckens ist von zwei Wetterextremen geprägt: Dürren und Überflutungen.
Beni Kakao – Original Beans
Die Inseln sind der einzige Ort, an dem noch 100% wilder Kakao wächst. Die letzten 400 Blauhalspapageien spielen keine geringe Rolle bei seiner Verbreitung: Sie tragen die Kakaosamen von Waldinsel zu Waldinsel. Seit Jahrhunderten ernten die indigenen Sammler den extrem seltenen Beniano-Kakao, der oft nur mit Kanus erreicht werden kann. Die Anwohner bezeichnen ihre Region selbst als Schokoladenprovinz, ein Erbe, an dessen Schutz wir kontinuierlich arbeiten.
Der Beniano, der im bolivianischen Amazonas beheimatet ist, wurde nach dem Fluss benannt, an dem er gedeiht. Die sehr kleinen Bohnen, die nur halb so viel wie gewöhnlicher Kakao wiegen, tragen zum fruchtig-blumigen Aroma der Original Beans Beni Wild Harvest 66% Schokolade bei. Da sie so klein sind, können sie nicht nach den Industriestandards und mit den normalen Maschinen verarbeitet werden, aber sie sind ganz besonders aromatisch – wie Wilderdbeeren.
Ob diese ‚duften‘ (ugs.) Aromen auch für nicht-Schokoladen-Profis erkennbar sind, werde ich noch herausfinden müssen.
Da ist der Rio Beni in Bolivien, mit diesen Waldinseln umgeben von Wasser und Natur, woher dieser Beniano-Kakao in der Schokolade stammen soll. Aber nun kommt’s: Original Beans engagiert sich seit inzwischen knapp 10 Jahren in diesem Gebiet. Für den Internationalen Markt und somit auch uns hier in Mitteleuropa hat diesen Kakao aber jemand anderes gefunden und marktfähig gemacht. Und zwar Volker Lehmann. Dieser wird auf der Webseite von Original Beans auch zitiert mit: “ Es gab keine Straßen und es gibt bis heute keine. ”
Volker Lehmann hat diesen Kakao bereits 1991 kennengelernt und hat sich im Jahr 2000 auf den Weg gemacht, gegen alle Unkenrufe, diesen kulinarisch wertvollen Kakao aufs Tableau zu bringen. Und das mit Erfolg, selbst wenn dieser zwischenzeitlich in sehr weiter Ferne gelegen zu haben schien.
Die Bohnen waren zu klein, die mögliche wirtschaftliche Verwertung zu aufwendig und die Aussicht auf Ertrag für irgendwen äußerst gering. Nichts desto trotz, hatte er dennoch jemanden gefunden, der an das Produkt geglaubt hatte und so wurde es doch noch eine ErfolgsStory ! Nachzulesen ist das Ganze bei Tranquilidad – Centro de Investigacion y Acopio de Cacao. Weitere Bilder von Volker Lehmann auf TheChocolateLife Archive. Diverse weitere schöne Bilder findet man auch hier bei cacaomama.com !
Auf meinem Weg durch das Internet fand ich dann auch noch einige andere Artikel über Volker Lehmann unter anderem hier in der Neuen Zürcher Zeitung. Prädikat: Sehr interessant !
Der Anbruch der Schokolade ist schön gerade und Sie duftet wahrlich mehr als gewöhnlich nach ‚besonderer‘ Schokolade. Es riecht tatsächlich leicht süßlich und auch floral aber auch dezent nach weißem Tee, Tabak und Süßholz finde ich. Toll !
Wer Mamoré und Itenez River hört oder liest war eventuell schon einmal dort oder hat vom Iténez-Mamoré binational Corridor gehört. Ein vom WWF unterstütztes Projekt bzw. Gebiet, welches eine sehr zu schützende Artenvielfalt aufweist. Ohne genauer ins Detail zu gehen: Da irgendwo ist dieser Baum (Siehe Screenshot), welcher wohl mit dem Kauf dieser Tafel Schokolade gepflanzt wurde. Dass es sich um einen Kakao-Baum handelt ist vielleicht nicht optimal, ich gehe aber einmal davon aus, dass hier mehr als nur eine Baumart gepflanzt wird. Nachvollziehen kann das leider nicht. Aber es ist gut, dass Bäume nicht direkt auf den 38 Flussinseln gepflanzt werden, da diese ja ursprünglich bleiben sollen.
Dazu liefert Original Beans auch eine kleine Liste an Erfolgen, welche anhand bzw. mit dieser Schokolade erzielt wurden.
Die Beni Wild Harvest sollte man sich zerbrechen und im Mund zergehen lassen finde ich. Abbeißen ist hier der falsche Weg, aber man sollte es dennoch einmal machen, um festzustellen wie hart gute Schokolade eigentlich sein sollte ! Sehr hart !
Im Mund kann man dann auch wieder diese leichte Süße spüren, welche gefühlt von mehr Säure unterstützt wird, als bei vielen anderen Schokoladen, welche einfach nur flach bzw. platt nach Zucker und Fett schmecken. Das hier ist ein ganz anderes Level, was Schokolade angeht. Meiner Meinung nach ist das hier (wie Rainer Calmund gerne sagte) Champions League ! Die Beni zergeht sehr sanft und man spürt die Ausgewogenheit zwischen Kakao und Zucker. Das ist es auch, was ich an den guten Schokoladen im Bereich der 55-70% Kakao sehr mag. Auch hier finde ich ein sehr feines Tabak-Aroma wieder. Ich dachte schon ‚ich bin blöd‘, weil ich das beschriebene Aprikose-Aroma nicht fand. Aber ich meine erkannt zu haben, was gemeint ist. Im Duft kamen Nuancen dieser Art Fruchtigkeit auch bis zu mir durch.
Was mir gefällt ist diese wirklich minimal dunkle und rauchige sowie bittere Note auf der Zunge und florale Duft.
Fazit: Eine wunderbare Schokolade! Top Niveau, völlig zurecht!
Wer diese Schoki einmal im Laden sieht, sollte unbedingt eine oder zwei mitnehmen. Wer diese Schokolade mit viel Verstand genießt wird auch sehr viel Spaß dran haben ! (Hoffe ich doch.)