Muskat-Ottonel 2018 - Weingut Schmidt - Königheimer

Diesen Sommer (für spätere Leser > 2019) war ich per Zufall wieder einmal in Königheim und hatte es mir nicht nehmen lassen wollen, wieder im Weingut der Familie Schmidt vorbeizuschauen und einmal Hallo zu sagen. Passend dazu war ich am frühen Nachmittag des bevorstehenden Weinblütenfestes erschienen und konnte die letzten Vorbereitungen und die Ruhe vor dem Sturm ‚genießen‘ !

Alle Bänke standen, die Angebote hingen aus und die Grillfeuer wurden entzündet, damit die Grillglut passend seine Kraft entfalten kann. Ein Fest, dass in Königheim eine nicht ganz so lange Tradition innehat, wie die Geschichte des Weinbaus im Dorf alt ist. Die Geschichte reicht nämlich nach Angaben des Ortes über 900 Jahre in der Ortshistorie zurück. Nichts desto trotz ist das Fest das absolute Highlight im Veranstaltungskalender der Gemeinde am Brehmbach.

Wenn es nicht gerade ein unvorhergesehenes Hochwasser gibt, dann ist der Brehmbach, welcher den Ort vom Anfang bis zum Ende durch dir Ortsmitte fließt, ein echter Ruhepol ! Es geht unheimlich idyllisch zu, da der Ort keinen lauten Durchgangsverkehr ertragen muss. Zum Glück muss man sagen, selbst wenn die 4 Weingüter so vielleicht die eine oder andere Flasche mehr an Durchfahrende verkaufen würden ! Ich denke so ist es besser und auch gesünder.

Der Schmuck und die Verzierungen des Hauses der Familie Schmidt sind echte historische Klassiker, auch in diesen Breiten, wo doch einiges an Wein wächst und die Tradition nicht erst seit 100 Jahren besteht. Solche Weingutshäuser sieht man auch hier selten. Die Winzerfamilie um Siegfried Schmidt kommt ursprünglich nicht direkt aus dieser baden-württembergischen Ecke Deutschlands und übernahm das Weingut 1994. In der vergangenen zwei Dekaden sind die Schmidts zu einer festen Größe in Königheim geworden, was nicht zuletzt an ihrer weit über die Ortsgrenzen hinaus beliebten Heckenwirtschaft (>Hecke'<) / Besenwirtschaft (>Besen'<) liegt ! Der gebürtige Unterfranke Siegfried Schmidt war vor circa 30 Jahren in Luxemburg tätig unter anderem als Kellermeister bei der Domaines Vinsmoselle Luxembourg. Das Know-How kommt hier also auch nicht von ungefähr. Gelernt ist gelernt ! Kann man da voller Überzeugung sagen. Unter anderem kam dort damals auch einer der Sprosse zur Welt. Die beide Söhne sind heute ebenfalls in verantwortungsvollen Anstellungen in der Weinbranche tätig und die Tochter hilft im Weingut an aller vorderster Front mit aus. Die Zukunft des Weinguts ist sozusagen gesichert. Dem Ort tut das sicherlich gut !

Was nicht fehlen darf, ist natürlich der obligatorische Weinstock am Haus – alias Hausstock und natürlich passend zum Fest, eine standesgemäße und zum Anlass passende Dekoration. Ich hatte Glück im richtigem Moment aufgetaucht zu sein. Quasi in mitten der Ruhe vor dem Sturm. Man war gut vorbereitet und die Gäste, außer mir, waren natürlich 3 Stunden vor Festauftakt noch nicht vor Ort. Ich wurde als mit offen Armen und etwas Zeit im Gepäck freundlichst empfangen. Statt meiner Wenigkeit, hätte das natürlich auch allen anderen Weinfreunden so passieren können. Man muss halt auch einmal beim Weingut der Wahl vorbeifahren, anhalten und hinein gehen !

Wenn man nach Königheim fährt, kann man mit fast 100%iger Sicherheit im Sommer davon ausgehen, an solch einem Getreidefeld vorbei zu kommen, an und in dem die Mohnblumen so malerisch im Wind schwanken, wie hier in meinem Schnappschuss aus diesen (vergangenen) Tagen. Zurecht haben sich die Schmidts diese so zarte Blume als ihr Signet im Logo erwählt. Die Weine gehen von Ihrem Typus her in die gleiche Richtung. Ich finde das wirklich passend.

Da ich noch weiter fahren musste, entschloss ich mich lediglich den bei Schmidts allgemein sehr beliebten Gewürztraminer und den vom Spross Martin Schmidt, seines Zeichens Koch, BWL’er (Food Management) und Qualitätsmanagementbeauftragter IFS, geschätzten jungen 2018er roséfarbenen Schwarzriesling zu probieren. Der Gewürztraminer ist gefühlt genau jener Wein, der manchem Bürger in Badisch Sibirien fehlt. Diese vermeintlich kühle Region im Nordosten des Bundeslandes ragt entgegen der Darstellung auf der Karte bei Wikipedia auf jeden Fall noch in die zu Baden gehörenden Weinorte Tauberfrankens hinein.

Im Bild hier darüber ist natürlich ein unfertiges Exemplar zu sehen. Der GT durfte zu diesem Zeitpunkt noch auf sein richtiges Etikett warten. Inzwischen ist das freilich Vergangenheit. Der Gewürztraminer ist definitiv nicht zu schwer oder zu breit, sondern vielmehr filigran und klassisch feinfruchtig. Er duftet nach reifem Obst und Trauben und umschmeichelt mit seinem zarten Charakter den Gaumen. Der strahlt auf jeden Fall eine besondere Wärme aus ! Das im Winter ein wenig leere Füllhorn der östlichen Odenwald-Region lässt sich so auf jeden Fall adäquat füllen. Die Region um das nördliche Baden-Württemberg ist eigentlich nicht berühmt für seine Rotweine, was sich in Zukunft aber noch ändern wird. Die Schmidts sind dahingehend vielleicht keine Avantgardisten, keltern aber beachtliche Rotweine, bei denen man unbedarft zugreifen kann. Bestes Beispiel ist da der Schwarzriesling Weißherbst, welcher auch schon prämiert wurde. Ein ebenso feiner und gleichsam zarter und kräftiger Wein. Ein dezent florales Aroma mit Noten von gefühlt zarten, kleinen, minimal frühreifen roten Beeren.

Martin Schmidt mit einem Glas Portugieser

Für das Weinblütenfest wurde im kühlen Weinkeller, der selbst zusammengesteckte Sommerblütenstrauss versteckt, bis das Fest startete. Was für eine Pracht ! 🙂

Nun zum Muskat-Ottonel, eine Rebsorte, die soweit ich weiß, kein anderes Weingut im Taubertal kultiviert. Der Wein stammt von 1964 gepflanzten und somit inzwischen 55 Jahre alten Stöcken im Königheimer Kirchberg. Übrigens ebenso jung wie die Damen des Hauses. Muskat was ?
Fragt sich eventuell der/die eine oder andere? Werden in Süd-Osteuropa noch gut 10.000 Hektar dieser Rebsorte angebaut, sind es in gesamt Deutschland nur noch circa 12 ! Muskat-Ottonel ist eine relativ alte ’neue Sorte‘ – alias – keine der alten oder Ur-Rebsorten. Das Kreuzungsjahr wird mit 1839 angegeben. Es handelt sich um eine französische Kreuzung aus Chasselas (Gutedel) und Ingram’s Muscat.

Kleine Geschichte: Da diese Rebsorte in Deutschland bereits sehr rar geworden ist/war und Rebstöcke von über 50 Jahren noch seltener geworden sind, kam die LWG Veitshöchheim (Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau) auf die Familie Schmidt zu, um nach Edelreisern / Hölzern derer alten Klone (Rebstöcke) zu fragen. Die Schmidts gaben diesen natürlich gern ab und bekamen dafür neue Klone, welche 2016 nachgepflanzt wurden.

Der Wein wird als Taubertäler Landwein und somit ohne Lagenbezeichnung abgefüllt. Die Rebstöcke stehen dennoch vollends im Königheimer Kirchberg auf klassischen taubertäler Muschelkalkböden. Muskat-Ottonel ist nicht bekannt dafür einen schweren Wein hervorzubringen. Daher ist es auch wenig verwunderlich, dass er mit ’sanften‘ 10,5% alc. daherkommt und einen der leichtesten Weine der Region darstellt. Der 2018er wurde mit 19,9g Restsüße je Liter und spritzigen 7,5g Gesamtsäure je Liter abgefüllt.

Der auch schon vor wenigen Jahren vom Savoir Vivre Magazin ausgezeichnete Wein kommt auch im aktuellen Jahrgang 2018 unglaublich fein, fast schüchtern und nicht ganz rebsortentypisch, aber trotzdem wunderbar und nicht zu schwach nach Rosen duftend daher. Ein zarter Wein, der jedoch ein florales Schwergewicht darstellt. Für Schmidts Muskat-Ottonel ist das eine klassischer Wesenszug.
Ich selbst habe noch nie solch einen Wein oder gar so ein Rosenwasser aus Trauben im Glas gehabt. Wirklich beeindruckend, dass soetwas ohne ‚Zauber-Kellertechnik‘ möglich ist. Auf der Zunge geht es tatsächlich eher in die gelbfruchtige Richtung, mit leichten Noten von Pfirsich und Mirabelle. Im Abgang kommen retronasal nochmals florale Aromen zum Vorschein. Eine feine leichte Bitter-Note und dezent herbe Note ist ebenfalls dabei. Vom Gesamteindruck her möchte ich behaupten, dass dieser Wein auf rund 1000 Hektar Taubertäler Weinbau einmalig ist ! Definitiv etwas anderes als die allgemein vertrauten Weine und Aromen !
Fazit: Cooles Teil ! So etwas findet man nur selten !

Ich hatte mir den Wein unter anderem zu einer leichten Pasta in Kürbissoße mit angebratener Zucchini kombiniert. Keine schlechte Kombination, wenngleich im Nachhinein mir auf Anhieb keine wirklich außergewöhnlich gute Andere eingefallen ist. Solche besonderen Weine trinkt man am besten auf der Terrasse, dem Balkon oder bei einem Buch, wie beispielsweise Patrick Süskinds ‚Das Parfüm‘ !

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