Bis ich diesen Wein sah war mir Jürgen Ellwanger als Weingut absolut kein Begriff. Aber das sollte sich mit dieser Flasche württembergischen Lemberger ändern. Ich machte mich schlau und fand viele Informationen rund um das Weingut und Jürgen Ellwanger – als DER Weichensteller der Neuzeit in der über 500 jährigen Geschichte des Weinguts. Das Weingut besitzt heuer etwas mehr als 25 Hektar Rebflächen, von denen etwa zwei Drittel mit roten Rebsorten bepflanzt sind. Was heutzutage die österreichische Trendrebsorte Blaufränkisch ist, war vor 40 Jahren der Zweigelt. Jürgen Ellwanger begann schon Ende der 80er Jahre die hochwertigeren Weine konsquent im Holz und im Barrique auszubauen. So kam das Weingut auch zur HADES-Gruppe, welche 1991 gegründet wurde und sich den Ausbau im Holz verschrieben hat.
Da ich nirgends so richtig etwas zur Weinbereitung und genaueren Details finden konnte, rief ich kurzerhand beim Weingut an und erkundigte mich. Glücklicherweise hatte ich direkt den Chef am anderen Ende und konnte meine Fragen frei heraus stellen. Der Zur Weinbereitung: der Wein wurde, wie man es hätte vermuten können im Stahl vergoren und ‚im großen Holz'(-fass ~1200-1300l) ausgebaut. Dass man doch eine gewisse Nuance Barrique herausschmecken kann, liegt daran, dass sich ein bisschen Lemberger zur Charge hinzugesellt hat, der nicht 100%ig die Kriterien für das Große Gewächs erfüllt hat. In meinen Augen ist das für diejenigen, welche sich für diesen Wein entscheiden / entschieden haben, ein großes Glück, denn solche Weine findet man nicht sehr häufig. Oftmals gibt es hop oder top, aber eher selten eine geringfügige Aufwertung durch in mehrfach belegten kleineren getoasteten Eichenfässern ausgebauten Wein der gleichen
Wunderbar gefühlt sehr dunkle Fruchtaromen. Minimal aber spürbar Rumtopf mit Zwetschgen, vielleicht ist es auch dem Temperatur von 18°C geschuldet. Bei 14°C wäre es wahrscheinlich etwas weniger Rumtopf und etwas mehr feine dunkle Beeren-Fruchtaromen. Leicht Süße auch in der Nase in Kombination mit den minimalen Vanillearomen und einem feinen holzigen Duft, lässt es mich auf einen Ausbau im Holz oder mehrfach belegten Barrique schließen. Relativ spät im Abgang merkt man, dass etwas zu viel Toasting ‚drin‘ ist. Große Schlucke sind bei diesem Lemberger optimal, wenn man die Fruchtigkeit richtig spüren möchte.
Auf der Zunge kann man dann mehr die kräftige aber auch elegante Säure und die Tannine schmecken, welcher aber auch im Abgang erst richtig greifen. Aromatisch (auch in der Nase spürbar) zeigen sich im Vordergrund vor allem Gewürze der eher deftigen winterlichen Küche, nebst den dunkelbeerigen Aromen, nebst der leicht eingekochten Zwetschge. Die Gewürze erinnern mich an eine Mischung aus Piment, Sternanis, Nelken und Lorbeer. Die Tannine, die Säure und der Wein im Allgemeinen sind kraftvoll, aber nicht zu streng/stark und in ausgewogen zugleich. Zu diesem Zeitpunkt bin ich klar von dem Wein überzeugt, nicht zuletzt auch wegend es Preis-Leistungs-Verhältnisses. Eine oberflächliche Mini-Recherche (facebook Bilder der Rebzeilen) ergibt, dass scheinbar keine Unterstockspritzung Usus ist, was mich selbstverständlich erfreut. (siehe Instagram-Posts)
Vielleicht liegt es auch daran, dass die Hebsacker Wengerte sehr gut mit Lemberger harmonieren. Der Gedanke kommt daher, dass in der letzten Bewertungsrunde des ‚Gault Millau Verkostungsteams‘ der Hebsacker Berg Lemberger Großes Gewächs die beste Note abbekommen hat. (93 Punkte!!) Die Hebsacker Weinlage(n) sollen dem Weingut nach vollends auf Keuper stehen. Das werde ich mir als Vergleichskriterium (bzw. Benchmark CCP – Critical Control Point – alias wichtiges Kriterium) merken. Dieser hier ist sicherlich kein Großes Gewächs, aber allemal ein beachtlicher Ortswein, überdurchschnittlicher Güte ! Württembergische Genossenschaften bekommen das gefühlt nicht mal für den doppelten Preis hin, ohne dass ich dafür Belege anführen müsste oder wöllte. (Ich bin grundsätzlich kein großer Fan von Genossenschaften, vor allem wenn Sie den Trends und Standards hinterher hinken.)
Mit seinen 13% alc., deren Einbindung ich mindestens als ‚gut‘ eher sogar seh gut einschätzen würde, kommt er mit ausreichend Power daher, so dass man ihm seine kraftvolle Art gerne als sehr authentisch abkauft und ihn durchaus für einen Wein >über 10€< halten würde. Ohne ihn willentlich überschätzen zu wollen, meine ich dass dieser Lemberger nicht nur ‚unterm Radar‘ fliegt, sondern auch unter Wert verkauft wird. Sogesehen eine Kaufempfehlung, wenn man auf ein Bio-Zertifikat verzichten kann.
Ob man noch lange auf ein Bio-Zertifikat auf den Weinen bei Ellwangers warten muss, ist noch nicht ganz gesichert, dass sich das Weingut aber auf den Weg gemacht hat sieht man auch an den grünen Bereichen unter den Rebstöcken. Jürgen Ellwanger verriet mir aber in einem kurzen Gespräch, dass intern die Richtung gen Bio eingeschlagen werden soll
Ich hätte ihn blind für einen guten und kräftigen, aber nicht überaus reich an Finessen und im Holz ausgebauten Spätburgunder, aus einer recht warmen Lage, gehalten, da ich hier auch eine hohe Reife schmecke. Definitiv: Chapeau !
In der Kategorie >Lemberger unter 10€< liegt dieser ausgewogen kräftige Lemberger von Jürgen Ellwanger auf den vorderen Plätzen ! Dafür spricht auch seine beeindruckende minimal ungewöhnliche rubinrote Farbe mit purpurnen Reflexen ! Gerechnet hätte man hier mit einem Granatrot, welches heller ist und weniger violette Anteile hat. Für mich spricht das für eine kurze Fassreife und ‚junges Alter‘. In meinen Augen ist der 2018 kurz vor seinem Zenit, welcher irgendwo und je nach Geschmack zwischen 2021 und 2023 sein könnte.
Mein Fazit: Für das was hier geboten wird, ist der Preis wirklich klasse !! Definitiv eine Kaufempfehlung !