2015er Spätburgunder Reserve - Malscher Rotsteig / Baden - von Daniel Rhein - Weingut Hummel

Ich möchte zu anfangs nicht zu viel verraten, aber soviel sei gesagt: Der Spätburgunder Reserve ist/war/wird ein Weihnachtswein par excellence sein ! Diesen Artikel wollte ich eigentlich schon in der zweiten Hälfte des Novembers fertig stellen, aber jetzt ist es Ostern 2021 geworden. Das macht dem Wein zum Glück nicht viel aus, denn der hat die Eigenschaften diese Zeit locker zu überstehen. Er wird wenn dann erstmal nur besser, soviel ist schon mal sicher !

Es war Sommer 2020 und ein Ausflug führte meine Freundin und mich nach Malsch und offenbarte uns einen wunderbaren Blick gen Pfälzer Wald und den Rheingraben. Was für ein beschaulicher Hügel der Letzenberg zwischen Malsch und Malschenberg doch zu sein scheint, dachten wir. Er scheint ebenso diverse Vorzüge zu vereinen. Einen Boden aus Stubensandstein, Keuper, Kies und Löss, warmes Mikroklima und eine angenehme Hangneigung von etwas mehr als 10% ideal gen Süden. > Wenn es hier nix wird, dann eigentlich auch sonst nirgends ! < dachte ich mir, als ich vor Ort die Wärme des Sonntagnachmittags genoss.

Auf dem Heimweg quer durch Malsch führte der Weg vorbei am Weingut Hummel und ich suchte für einige Minuten den Verkaufs- & Verkostungsraum des von Bernd Hummel aufgebauten und von Daniel Rhein 2016 übernommenen Weinguts auf. Ich hatte Glück, dass der Winzer / Kellermeister, Önologe und Chef in Personalunion Rhein auch persönlich da war um mich zu beraten und mir meine Fragen zu beantworten. Was nicht verborgen blieb war, dass Daniel Rhein ein ausgemachter Profi ist und genau zu wissen scheint, was er wie wo und wann weshalb macht. Das kommt aber nicht von ungefähr, sondern von seinen seit gewissermaßen Jahrzenten Kontakt mit dem Thema Wein und seiner Erzeugung. Waren es anfangs nur einige Tage im Jahr, welche er bei den Reben von Karl Friedrich Aust im wunderbaren Radebeul an der Elbe verbrachte, steigerte er dies mit einem 4-wöchigen Praktikum im Schloss Wackerbarth und einem (Vor)Praktikum in Thüngersheim am Main beim Weingut Gebr. Geiger junior.

Da stand für Daniel Rhein fest, dass er nach dem Abitur nach Geisenheim gehen möchte um Weinbau und Oenologie zu studieren. Um die Profession auszureifen schloss er gleich sein Master-Oenologie-Studium in Gießen an und absolvierte es 2015 erfolgreich. Dass er in dieser Zeit so einiges gelernt hat, merkt man sofort, wenn man bemerkt mit welcher Genauigkeit er alle Fragen rund um seinen Wein und dessen Entstehung beantwortet. Weil er es weiß und weil er es kann ! Hut ab !

Er kennt seine Pinot Noir Klone und den Boden an ihren Standorten und die Bedürfnisse im Detail aus dem FF und kann so das Maximum an Geschmack und Intensität aus seinen Trauben ins Fass und in die Flaschen bzw. Gläser bringen. Durch das Einsähen von auf den jeweiligen Boden abgestimmten Blüh- und Kräutermischungen fördert Daniel Rhein und sein Team die Flora und Fauna und auch Robustheit und Landlebigkeit seiner nunmehr acht Hektar Weinberg.

In Malsch ist der > Rotsteig < die wesentlich kleinere Lage gegenüber der Lage > Ölbaum < und hat auch eine besondere namensgebende Vergangenheit: Im April 1525 hatte dort der Bauernkrieg zum Hochstift Speyer begonnen. Malsch entwickelte sich zum Zentrum des „Bruhrainer Haufens“ bestehend aus etwa 600 bewaffneten Bauern, die am 20.4. unterhalb des Letzenberges kampierten. Ganz nebenbei möchte ich behaupten, dass es damals quasi ausschließlich Bio-Bauern gab. Das bewaffnete Vorgehen des Speyerer Bischofs gegen die Bauern also Niederschlagung des Aufstands misslang und es sei wohl viel Blut geflossen. Daher der die Bezeichnung ‚Rotsteig‘. Quelle: Webseite der Gemeinde Kronau

Das Luftbild ist etwa knapp über der Kreuzung östlich von Malsch und nördlich von Rettigheim entstanden. Der Blick geht in etwa nach nord-westen und in der linken Hälfte sieht man am Horizont hinter Malsch den Letzenberg. (247m)

Auch am Hof merkt man den grünen Daumen und grüne ‚Intension‘ des Weinguts und der Chefs. Links und rechts der Einfahrt wachsen Klee, Lavendel, Obstbäume, Wein und noch jede Menge mehr.

Daniel Rhein hat sein eigenes Konzept von naturnahem Weinbau. Er ist bewusst nicht Bio-zertifiziert, praktiziert aber eigentlich eben diesen in veränderter bzw. aus seiner sicht verbesserter Form. Hintergrund: Es soll kein ‚Kupfer‘ verwendet werden, aber ebenso auch keine derer Mittel, welche im klassischen konventionellem Weinbau zum Einsatz kommen. Sein ökologisches Konzept bezeichnet er, wie manch anderer ambitionierter Bio-Winzer*in auch, als ganzheitlich. Doch dieses ganzheitlich kann sich selbst nochmals stark unterscheiden. Je nachdem ob der Betrieb noch ‚Vieh‘ hat oder nicht. Begrünt wird klassisch mit Leguminosen als natürlichen Stickstoffinjektor für tiefere Bodenschichten, Sandhafer als Vegetationsdecke, Rettichsorten zur Bodenlockerung sowie Dill und Fenchel, die nützliche Insekten anziehen. Daniel Rhein setzt zu 100 Prozent auf Handlese, besitzt über 150 Barriques um jede Partie in die richtigen Fässer legen zu können und rüttelt den Sekt im eigenen Betrieb. Hier wird wert darauf gelegt, dass man das Endprodukt vom Anfang bis zum Ende selbst erzeugt und darauf ist Daniel Rhein auch stolz ! Zurecht !

Noch kurz vorweg: Ich hatte den Wein über ein paar Tage offen und hin und wieder bin ich ein Freund von einfacher Küche. Heißt ich greife auf möglichst hochqualitative Convinience-Produkte zurück. In diesem Fall die Bio-Ravioli alla pizzaiola von Pasta d’oro. Klar wäre selber machen noch feiner und ohne Paniermehl nochmal leckerer, aber für 1-2 Personen scheue ich den Aufwand. Daher bin ich froh, dass es solch hochwertige Produkte gibt ! (Die auch noch mit Meersalz hergestellt wurden! 🙂 ) Mit Auberginen-Tomaten-Gemüse und etwas Olivenöl und Basilikum-Pesto war das am Ende schon ein recht leckeres Essen.

Aber nun zum Hauptaugenmerk: Woher der Spätburgunder kommt ist soweit sogut geklärt. Aber wie wurde denn der Wein eigentlich gemacht? Die Reben in der Einzellage „Malscher Rotsteig“ stehen auf diversen Bodenarten: Keuper, Sandstein und Löß. Das rundet den Wein zusätzlich nochmal ein wenig ab, denke ich. Die Reben bekommen einen niedrigen Anschnitt, 6-8 Augen und somit auch Triebe je Stock. Die unteren zwei Trauben am Stockwerden werden schon früh zwischen abgehender Blüte und Traubenschluss halbiert. Die Schultertrauben werden ebenso weggeschnitten, wie auch die unteren Geiztriebe und die unteren Blätter auf der Sonne zugewandten Seite. Dadurch härten die Beeren laut Rhein ab, es reduziert die Sonnenbrandgefahr und sie bekommen eine dickere Beerenhaut, was natürlich gewollt ist bzw. so dankend angenommen wird.

Die dickere Beerenhaut enthält mehr derer wichtigen Inhaltstoffe, welche dann während der Maischestandzeit gelöst werden können, um dem Wein später seine Stabilität und seinen Charakter geben zu können. – sprich Gerbstoffe, Bitterstoffe – alias Tannine, Farbe, etc. Gelesen wird per selektiver Handlese am Mitte September und der Ertrag liegt dabei gezielt bei maximal circa 5000 Liter je Hektar ! Nach der Lese werden die Trauben abgebeert, anschließend etwa eine Woche kaltmazeriert und nochmal etwa 3 Wochen auf der Maische vergoren. Der BSA findet dann auch in Barriques statt und am Ende kommt der Wein für knapp 2 Jahre zum Ausbau ins Barrique. (Erst- & Zweitbelegung) Abgefüllt wurde der Spätburgunder da schon wie selbstverständlich ohne Schönung und auch ohne Filtration ! So weit so gut, aber so arbeiten eben nicht alle Weingüter, die 8 Hektar mit kleinstem Personalaufwand eigenständig bearbeiten und am Ende jeden Jahres gerade einmal 45.000 Flaschen zum verkaufen abfüllen können. Da ist die Hilfe seiner Frau Lisa gewissermaßen unabdingbar und von sehr hohem Wert!

Der Wein: Anfangs rieche ich leicht Tabak und die Spätburgunder Reserve ist auch minimal rauchig, zusätzlich noch ein weniger Leder (und nur gedacht auch mini-minimal Teer). In meinen Augen tut sich ein herrlich tiefes Rubinrot im Glas auf. Nach den ersten Schlucken finde ich ihn ein wenig adstringierend (durch die relativ lange Zeit im Barrique) und herrlich säurebetont, trotz BSA. Insgesamt ist er aber glaube ich einfach noch zu jung, aber herrlich heftig kräftig ! Bei dieser Machart kann man den Wein zu Großem reifen lassen ! Den Einsatz der Barriques finde ich wunderbar gelungen und es ist wirklich gut eingebunden, ohne dass man vom Holz erschlagen wird. Die Noten vom Ausbau in den kleinen getoasteten Holzfässern helfen dem kräftigen Pinot Noir ins nächste Level !
Und ganz nebenbei bemerkt sind die 13,5% alc. wirklich sehr gut integriert !

Man spürt reife Früchte wie sehr dunkle Kirsche und ganz dezent Brombeere, am Ende des Aromenspektrums gesellt sich noch ein wenig Süßholz und Lakritz dazu, aber in meinen Augen wirklich nur ganz minimal. Ich hatte als erste Assoziation auch große Weine aus dem Piemont in meinen Gedanken. Es fühlte sich anfangs an wie eine gereifte Dolcetto-Nebbiolo-Cuvée, ist aber eigentlich nicht unbedingt vergleichbar, nichts desto trotz meine ich Parallelen zu erkennen ! Sehr fein !

Es kommen auch noch koloniale Gewürze durch. Mich erinnert es an weißen Pfeffer und Nelken und eine dezente Kräuter-Note kommt auch heraus, wenn man es zulässt, dass der Wein sich öffnet. Ich möchte mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, Wacholder und Lorbeer aber einmal im Zusammenhang genannt haben. Ja man spürt die etwas straffe Säure, die sehr gut eingebundenen 13,5% alc., welche aufgrund des komplexen Charakters und vielschichtigen Aromatik im Hintergrund bleiben dafür umso weniger. Den Vordergrund dominiert der Geschmack (der Ausbau & die Ertragsreduktion, die Säure) und Aromatik !

Ich finde auf der Zunge wirkt die Malscher Rotsteig Spätburgunder Reserve extrem konzentriert. Mich wundert die geringe Adstringenz fast ein wenig, die mit einem ‚gscheiten‘ Schluck erst voll greift. Das Teil kann beides, sanft aber auch voll angreifen. -> Den Schluck vergrößern und dem Pinot Noir noch mehr Fläche zum angreifen bieten ! Der Abgang verlängert sich gefühlt so auch um ein Vielfaches. Ganz offensichtlich wurde hier gefühlt sehr viel in Richtung Ertragsreduzierung und Geschmacksmaximierung pro Mol hingearbeitet. Dafür bräuchte man nicht einmal das Vorwissen, wie der Wein enstanden ist. In jedem Schluck steckt gefühlt mehr Pfiff und Aroma als in den meisten Literflaschen insgesamt ! Ich bin begeistert von so viel Wein in dieser Flasche !

Ich habe hier einmal zwei öffentlich nachlesbare Stimmen zur Reserve:

Ulrich Sautter: Deutliche Fassreife, malzige und rotfruchtige Aromen, sehr kultivierter Gerbstoff, seidig aber nicht zu weich, saftig und feinnervig unterlegt, ein Burgunder mit Noblesse. 91 P.

falstaff: Komplex, Wacholder, Sauerkirsche. Dezentes Holz. Zarter Bau, mit feinkörnigem Tannin, das viel Plastizität hat und exzellent absaftet. Mineralisch, elegant, die Dichte wirkt ganz fein aufgelöst. Ausgezeichnete Balance. Sehr gekonnt ausgebaut. 93 P.

Als ich die Flasche kaufte, dachte ich nicht, solch ein Geschmackserlebnis in meinen Händen zu halten ! ‚Happy ich bin !‘ [yoda]

Wer etwas feines auf dem Tisch haben will, nach den teils eher bescheidenen Jahren, der kann bzw. sollte sich von diesem Wein lieber noch ein Flasche mehr besorgen ! Bei den Spätburgundern von Daniel Rhein bekommt man eine Arznei gegen das mediterrane Fernweh. Definitiv ein Kaufbefehl der besseren Art !

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