Wieder einmal geht es um einen Wein, der schon vor langer Zeit hätte getrunken gehört, um es gleich von Anfang an einmal klarzustellen.
Um gar nicht lang abzulenken, darum geht’s: Einen alten Traminer aus Rheinhessen, den ich im Konvolut für wenig Geld irgendwann um 2013 mal bekommen und in meinen Keller gelegt hatte. Gekeltert und abgefüllt wurde er vom Winzerverein zum Herrenberg in Ungstein an der Weinstraße. Seit wann es den Winzerverein mit diesem Namen schon nicht mehr gibt, kann man wahrscheinlich nur noch in der Ortschronik nachlesen. Im Internet habe ich auf die Schnelle nichts gefunden außer, dass die nachfolgende Genossenschaft am selben Fleck die Weinwelt Herrenberg-Honigsäckel eG der Winzer eG Ungstein und Winzergenossenschaft Ungstein ist. Heute ist die kurz genannte ‚Weinwelt Ungestein‘ auch keine mit großer Bedeutung, was diese unumwunden auch selbst auf der Internetseite angibt: „Mit rund 170 Hektar Rebfläche ist die Weinwelt Herrenberg-Honigsäckel eG ein überschaubarer Weinbaubetrieb, […]“.
In meinen Augen ist das ohnehin ein Pluspunkt, da die Weinwelt Ungstein so wendiger und ungebundener ist und schneller neue Weine auf den Weg bringen kann oder einfach mal etwas Neues ausprobieren kann.
Mal noch ein kurzer Exkurs zur Gebietsbezeichnung ‚Rheinpfalz‘. Durch die bekannten Gründe gab es seit der napoleonischen Ära und der darauffolgenden gebietstechnischen Umwälzungen immer wieder einmal zu Veränderungen. Das heute als ‚Pfalz‘ bekannte Weinbaugebiet wurde relativ lange als Rheinpfalz bezeichnet. Die letzte Umbenennung erfolgte am 27. August 1993. Seit nun knapp 28 Jahren heißt das Gebiet nun Pfalz. Punkt.
Aber zum Wein: Eigentlich soll der Wein lieblich sein, dem roten Weinsiegel nach. Eine bronzene Kammerpreismünze hatte der Wein 1967 erhalten. Ich bin gespannt welche der beiden Sachen noch greifbar ist. Der Füllstand war noch fast am originalen Pegel dran, was für ein 55 Jahre alten Wein mit originalem Naturkorken keine Selbstverständlichkeit ist. Direkt nach dem entkorken kam noch ein echt feiner Duft aus dem Flasche und dann auch aus meinem Glas. Der inzwischen goldig orangefarbene Wein fließt beinahe schon wie Öl aus der Flasche und wirkt, als wenn er dringend getrunken werden möchte.
Es duftet nach Birne, wie Abate Fetel oder ähnlichen, wenn man sie frisch angebissen hat. Die ersten Erkenntnisse waren: Birne, Firne, Trauben, Rosinen, Honig, wobei die ersten beiden 90% des Aromas für sich beanspruchen. Jedoch ist der Duft des Weines erstaunlich stabil. Selbst 18 Stunden nach dem Öffnen, hat der Wein immernoch seinen Duft. Manchmal sacken solch alte Wein nach dem Kontakt mit Sauerstoff innerhalb von Minuten in sich zusammen. Eventuell lag es an der über die Jahre geringen Oxidation, durch den sehr sehr dichten Korken, welch übrigens ohne sich aufzulösen in einem Stück aus der Flasche kam. Auf der Zunge bleibt aber nur noch ein leeres Gerüst eines Weines. Man schmeckt von den vermeintlichen Fruchtaromen nur noch im Abgang etwas. Am Gaumen kommt kein Druck auf – gar nichts. Es fühlt sich fast an wie leicht mit minimal Bitterstoffen und Säure aromatisiertes Wasser. Die pseudo-Viskosität ist tatsächlich nur Schein gewesen. Hier ist vom eigentlichen Wein geschmackstechnisch quasi nichts mehr übriggeblieben, nicht mal die Süße. Ob das nun schade ist sei mal dahingestellt, da ich Genossenschaftsweine ohnehin nicht besonders schätze, aber interessant war es allemal.